ALI’s KRITIKEN
Theater- und Filmkritiken von Rainer Allgaier
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Glanzvoller Start: Bellini's Romeo & Julia-Version in der Deutschen Oper ****

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Kategorie: Theaterkritiken
Veröffentlicht: 10. September 2009
Zugriffe: 4286
Mit drei konzertanten Auffuehrungen der lyrischen Tragoedie  "I Capuletti e i Montecchi" von Vincenzo Bellini eroeffnete die Deutsche Oper ihre neue Spielzeit - auf hoechstem musikalischem Niveau. Orchester und Chor praesentierten sich - frisch ausgeruht - in bester Form, die fuer diese Vorstellungen gewonnenen Gaeste - Saenger wie Dirigent - rissen das Publikum zu Beifalls-Stuermen hin.
Star des Abends ist Elina Garanca in der Hosenrolle des Romeo - eine elegante Blondine im schwarzen Hosenanzug mit goldener Schaerpe, deren ausgeglichener Mezzosopran fuellige Tiefe wie strahlende Hoehen besitzt. Stilsicher und geschmackvoll gestaltet sie den in dieser Oper fast ausschliesslich elegischen Charakter des Romeo, vermag mit klugen dynamischen und farblichen Nuancen Schmerz, Freude, Hoffnung und Trauer in wunderbar ausschwingenden Melodie-Boegen zu fassen. In der bruenetten Russin Ekaterina Siurina als Julia fand sie eine hervorragende Partnerin - ein leichter, aber zugleich voller hoher Sopran von jugendlicher Geschmeidigkeit. Die Duette der beiden ebenso schoenen wie kraftvollen Stimmen klangen betoerend.
Demgegenueber mussten sich die drei maennlichen Saenger mit den Neben- Rollen der Stichnotengeber bescheiden: Dario Schmunck als Romeos Rivale Tebaldo mit einem angenehmen, aber etwas kleinem Tenor, Reinhard Hagen als sanfter Pater Lorenzo und Ante Jerkunica in der Bass-Rolle des Vater Capulet.
Als unerwarteter Gluecksfall erwies sich auch die Verpflichtung des Dirigenten und Ehemanns von Elina Garanca: Karel Mark Chichon. Er war nicht nur der verlaessliche Begleiter seiner Frau, sondern vermochte das gesamte Ensemble, einschliesslich (Herren-)Chor und Orchester, hoch- und mitzureissen und dem Dauer-Wohlklang Bellini's Form, Farbe und Spannkraft zu verleihen.
Ein packender, grosser Opern-Abend mit Stars ohne Star-Allueren - leider nur konzertant , dafuer aber Belcanto pur.

Foto von Elina Garanca: Gabo/Deutsche Grammophon

Matter Spass: "Whisky mit Wodka" von Andreas Dresen ***

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Kategorie: Filmkritiken
Veröffentlicht: 04. September 2009
Zugriffe: 4527
Ruegen im Herbst - ein Film wird gedreht: ein groteskes Dreiecks-Drama im Kostuem der "Goldenen Zwanziger" - ein reifer Liebhaber zwischen Mutter und Tochter. Doch der populaere Hauptdarsteller Otto (Henry Huebchen) hat Alters- und Alkohol-Probleme. Mit einem zweiten Schauspieler (Markus Hering) werden deshalb alle Szenen doppelt gedreht - einmal um Otto anzuspornen, andererseits um die Produktion bei einem endgueltigen Ausfall Ottos abzusichern. Wie erhofft, dreht der eitle Otto nun maechtig auf, zumal sein Doppelgaenger ihm auch im Alltag in die Quere kommt : bei seiner Partnerin und Ex-Geliebten Bettina (Corinna Harfouch) wie auch bei seiner neuen Flamme, der jungen Schauspielerin Heike (Valery Tscheplanowa). Natuerlich triumphiert am Ende des Films im Film der vitale Otto, aber privat bleibt er nach Schluss der Dreharbeiten allein am herbstlichen Strand zurueck...
Eine mal turbulente, mal melancholische Abfolge von Szenen am Set, unterlegt mit einigen ironischen Dialogen und huebschen Bonmots (Drehbuch Wolfgang Koolhaase). Doch der Film verzettelt sich allzuschnell in zuviele Nebenhandlungen, vor allem Liebesabenteuer fast der gesamten Crew, ohne dass dadurch ein bestimmtes soziales Milieu gezeichnet oder einzelne Figuren schaerfer charakterisiert werden. Alles bleibt erwartbar, glatt und klischeehaft - ohne intellektuelle Schaerfe oder komoediantischen Biss. Einzig Henry Huebchen und Corinna Harfouch vermoegen aus dem ebenso netten wie harmlosen Filmchen ein paar komoediantische Funken zu schlagen - alte Theaterhasen, die elegant die Dialoge einer Screwball-Comedy zu pointieren wissen; die mit schoener Laessigkeit sich gegenseitig an die Wand zu spielen versuchen, und die raffiniert den Slapstick mit der melancholischen Traene verbinden. Alles Andere bleibt bemuehter Witz.

Foto/Verleih: Senator

zu sehen: Capitol; Cinema Paris; CinemaxX am Potsdamer Platz; CineStar Cubix am Alexanderplatz; Kulturbrauerei; Colosseum; Yorck u.a.


Elegantes Kino-Puzzle: Zerissene Umarmungen" von Pedro Almodovar ****

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Kategorie: Filmkritiken
Veröffentlicht: 12. August 2009
Zugriffe: 4857

Matteo (Lluis Homar)  ist Filmregisseur, aber durch einen Autounfall erblindet, jetzt schlaegt er sich in Madrid als Drehbuchautor durchs Leben, unterstuetzt durch seine Film-Agentin  (und ehemalige Geliebte) Judit und deren Sohn Diego. Eines Tages taucht ein etwas seltsamer junger Mann bei ihm auf und will mit ihm eine Drehbuch ueber die Rache eines Sohnes an seinem Vater realisieren. Matteo schoepft schnell Verdacht und laesst sich dies durch Foto-Indizien bestaetigen: der junge Mann ist der Stiefsohn seines einstigen Stars Lena (hervorragend: Penelope Cruz), den er Ernesto (Jose Luis Gomez), dem reichen Industriellen und Geldgeber seines letzten Filmes "Frauen und Koffer" ausgespannt hatte, was zu einem grotesken Rache-Akt fuehrte: der betrogene Ernesto lies aus allen schlechten und verworfenen Takes des Films eine grauenvoll-laecherliche Fassung schneiden - eine burleske Karikatur von Matteos geplanter Komoedie.
Aus dieser kompliziert-verschachtelten und in nicht chronologischen Rueckblenden erzaehlten Story entwickelt Pedro Almodovar eine raffinierte Mischung aus Thriller, Melodram und Komoedie - ueberwiegend im Milieu des Kinos.  Ein Film im Film, Verweise und Zitate auf und aus der Welt des schoenen oder graussigen Scheins - mal tragisch, mal komisch. Almodovar verzichtet dabei auf die grellen Einfaelle und Schrillheiten seiner aelteren Filme, dafuer wird alles raffinierter und feinmaschiger gewoben, ohne dabei die sueffisante Ironie und Doppelboedigkeit seiner Erzaehlweise aufzugeben. So beispielsweise, wenn nach gehabtem Sex Lena ihren alten Mann wie tot im Bett liegen sieht und sich erleichtert-gemuetlich eine Zigarette anzuendet oder wenn der blinde Matteo mit dem jungen Diego sich eine Sex-Szene mit einer verliebten Vampirin ausdenkt, die nicht zubeissen mag. Die Geschichte des Kinos wird unaufdringlich, aber fuer den Kenner hoechst vergnueglich und in praechtigen Farben lebendig: ob Penelope Cruz im Film-im-Film wie einst Audrey Hepburn die Pferdeschwanz-Frisur wippen laesst und mit den grossen dunklen Augen rollt oder ob sie melodramatisch wie Vivien Leight in "Vom Winde verweht" die grosse Treppe der Villa hinunterstuertzt und auf den Armen ihres Mannes bei aufrauschender Musik davongetragen wird.
Am Schluss des - im letzten Teil - durch viele Nebenhandlungen etwas laenglich geratenen Films zitiert Almodovar auf herrliche Weise sich selbst. Matteo kann seinen boesartig-verstuemmelten Film von den beiden Freundinnen und dem (Drogen-)Koffer neu schneiden: es wird eine liebevoll-koestliche Hommage an "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs" - Almodovars beruehmten Durchbruch in die Welt des grossen, internationalen Autoren-Kinos, der er - wie dieser Film erneut beweist - zu Recht angehoert.

Foto/Verleih: Tobis



zu sehen: Odeon (OmU), Hackesche Hoefe (OmU), CinemaxX und CineStar am Potsdamer Platz, Kulturbrauerei, Neue Kant Kinos, Yorck u.a.


Traurige Tropen: "Birdwatchers" von Marco Bechis ****

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Kategorie: Filmkritiken
Veröffentlicht: 04. August 2009
Zugriffe: 4727

Im offenen Motorboot faehrt eine Gruppe Touristen auf einem breiten, braunen Fluss durch den brasilianischen Regenwald, betrachtet exotische Voegel und rotbemalte Indios im Lendenschurz, die gelegentlich ein paar Pfeile in ihre Richtung schiessen. Doch sobald das Boot weitergefahren ist, verschwindet die Handvoll Indios im Wald, zieht sich Hosen und T-Shirts ueber, sammelt sich auf einem wartenden Lastwagen und erhaelt einige Geldscheine von einer Vertreterin des Tourismus-Unternehmens.
Dieser ueberraschende Blick- und Perspektiven-Wechsel bestimmt den gesamten Spielfilm des in Argentinien aufgewachsenen, italienischen Regisseurs Marco Bechis. Keine plumpe Geschichte vom guten, aber ausgebeuteten Indio und vom reichen, boesen Plantagenbesitzer, sondern das durch 500 Jahre Kolonial-Geschichte bedingte Drama zweier Welten, die nur an wenigen Punkten miteinander kommunizieren koennen: die heute nur noch in (staatlichen) Reservaten lebenden, bitter-armen Indios, die als Tageloehner arbeiten, und die spanisch-staemmigen Grossgrundbesitzer, deren Vorfahren die Urwaelder rohdeten, und durch Ackerbau und Viehzucht ihre grossen Vermoegen erwarben.
Der Film erzaehlt wie der Haeuptling Nadio mit seiner Familie aus dem Reservat ausbricht, sich von einem Schamanen den Lebensort seiner Vorfahren zeigen und beschwoeren laesst, dort - auf dem Feld eines Hacienda-Besitzers - sich eine Huette baut und jede weitere Arbeit als Tageloehner verweigert. Der Plantagen-Besitzer versucht zunaechst die Sache im guetlichen Einvernehmen zu regeln, mal mit Geld, mal durch seinen Rechtsanwalt. Als Nadio stur bleibt, wird er eines Nachts von einem dubiosen Polizeikommando erschossen. Seinen Sohn, der sich fuer seinen Tagelohn im nahen Ort ein paar schicke Sneakers gekauft hatte, hatte er noch vorher verstossen, worauf der sich im Wald erhaengte. Osvaldo, sein Freund, hat immer Angsttraeume und Halluzinationen, wird deshalb zum Schamanen ausgebildet, erlebt eine kurze, sexuelle Begegnung mit der Tochter des Hacienda-Besitzers (die koerperliche Anziehungskraft ueberwindet gesellschaftlichen Schranken) und am Ende kann er seine Einbildungen ueberwinden.
Das Besondere dieses Films: alle Indios sind Laien, Angehoerige des Stammes der Guarani im Gebiet des Mato Grosso do Sul. Mit ihnen zusammen hat Marco Bechis die Story entwickelt, ihren Vorgaben ist er weithin gefolgt und erreicht dadurch eine aussergewoehnliche Authentizitaet. Filmisch klug umgesetzt:  Kamera, Ton und Schnitt verdeutlichen die unterschiedliche Perspektiven der Erzaehlung und ihren oft verblueffenden Wechsel sehr eindrucksvoll - beispielsweise die herablassende Haltung der beiden haschischrauchenden Toechter des Grossgrund-Besitzers gegenueber dem am Fluss betenden Osvaldo - bis ein paar Indiofrauen hinzukommen und durch einige frech-obszoene Sprueche die Ueberheblichkeit der beiden Maedchen als laecherlich entlarven und die beiden Bikini-Schoenheiten dadurch zum klaeglichen Rueckzug zwingen.
Trotz dieser raffinierten und kuehlen Erzaehlweise (mit prachtvollen Landschaftsaufnahmen) - vor allem ein Film voller Empathie fuer die brasilianischen Indios, fuer eine Gesellschaft, die um ihren eigenen Untergang weiss.

Foto/Verleih: Pandora

zu sehen: Broadway, Filmtheater am Friedrichshain, Movimento, fsk (OmU), Hackesche Hoefe
(OmU)

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